Im Fokus dieser Studie stehen die erforderlichen Anpassung staatlicher Rahmenbedingungen, um die Fachkräftebasis zu stärken. Dabei kann eine vollumfängliche Fachkräftesicherung nur durch das Zusammenspiel
- einer gesteigerten Partizipation am Arbeitsmarkt,
- einer erfolgreichen Migration & Integration,
- einer konsequenten Digitalisierung & Automatisierung sowie
- einer deutschlandweit flächendeckenden Aus- und Weiterbildung
erzielt werden. Dazu wird insbesondere die Bereitschaft erforderlich sein, historisch gewachsene Strukturen und Prozesse, sowohl in der öffentlichen Verwaltung als auch bei jedem selbst, kritisch zu hinterfragen und neue Vorgehensweisen effizient und digital zu gestalten. "Ohne die Bereitschaft, diese grundsätzlich zu hinterfragen und etwaige Zielkonflikte – etwa bei der Arbeitszeitgestaltung, bei der Lebensarbeitszeit oder bei der auf Digitalisierung aufbauenden Verschlankung des Verwaltungsapparats – offen zu diskutieren und bestehende Privilegien infrage zu stellen, wird es kaum möglich sein, die Leistungsfähigkeit des deutschen Innovationssystems – und damit das angestrebte Wohlstandsniveau – zu sichern."
In dieser Studie werden wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Handlungsoptionen zur Stärkung der Fachkräftebasis aufgezeigt. Deutschland gehört zu einer der weltweit innovativsten Volkswirtschaften. Fachkräfte sind in allen Schritten eines Innovationsprozesses unverzichtbar. Aus diesem Grund ist die flächendeckende und branchenübergreifende Sicherung des Fachkräftebedarfs ein Schlüssel, um die Innovationskraft Deutschlands zu erhalten, auszubauen und die notwendigen Transformationen zu bewältigen. Dabei wird die Studie von der Frage geleitet, welche Anpassungen der staatlichen Rahmenbedingungen erwogen werden sollten, um die Fachkräftebasis zu stärken.
Entscheidungsträger:innen aus
- Wirtschaftsförderungen der Städte und Kreise,
- dem Regionalmanagement,
- Industrie- und Handelskammern,
- Politik,
- Trägern für Aus- und Weiterbildung sowie
- Arbeitsagenturen.
Für eine flächendeckende Fachkräftesicherung müssen dabei alle verfügbare Hebel
- „Partizipation am Arbeitsmarkt“,
- „Migration & Integration“,
- „Digitalisierung & Automatisierung“ und
- „(Weiter-)Bildung“
aktiviert werden.
1. Handlungsoptionen im Handlungsfeld „Partizipation am Arbeitsmarkt“
- (Langzeit-)Arbeitslosigkeit weiter reduzieren,
z.B. durch Verbesserung der Datenlage zu beschäftigungshemmenden Merkmalen von Langzeitarbeitslosen - Vollzeitbeschäftigung attraktiver machen,
z.B. durch den Ausbau von Infrastruktur für Betreuung und Pflege - Potenziale von Seniorinnen und Senioren nutzen,
z.B. durch Diskussion über die Abschaffung der abschlagsfreien „Rente mit 63“ und eine angemessene Erhöhung der Rentenabschläge bei vorzeitigem Rentenzugang - Arbeitsbedingungen flexibler gestalten,
z.B. durch Eröffnen von Experimentierräumen für flexible Arbeitsbedingungen
2. Handlungsoptionen im Handlungsfeld „Migration & Integration“
- Werbe- und Informationsangebote im Ausland ausbauen,
z.B. durch Bündelung und stärkere Bewerbung über Informationsplattformen für interessierte Fachkräfte - Sprachbarriere überwinden,
z.B. durch Ausbau und Vermittlung von berufsfachspezifischen Sprachkompetenzen durch entsprechende Programme im Ausland - Internationale Studierende besser integrieren,
z.B. durch flächendeckende Verankerung von Praxisbestandteilen in allen Studien- und Prüfungsordnungen - Integration erleichtern – Angehörige mitdenken,
z.B. durch Beratungs- und Unterstützungsangebote für nachgezogene Familienangehörige - Migrationsprozess effizient gestalten,
z.B. durch Gestaltung von schlanken, digitalisierten und agilen Migrationsprozessen sowie eine bessere Abstimmung der beteiligten Akteure untereinander - Visavergabeverfahren beschleunigen,
z.B. durch Einführung von standardisierten und elektronischen Visaverfahren mit medienbruchfreier Zusammenführung der Prozesse der im Verfahren beteiligten Behörden im In- und Ausland - Anerkennung von Qualifikationen erleichtern,
z.B. durch Standardisierung von Anerkennungsverfahren mittels Zentralisierung der Anerkennungsstellen auf bestimmte Berufe oder Herkunftsstaaten bundesweit
3. Handlungsoptionen im Handlungsfeld „Digitalisierung & Automatisierung“
- Voraussetzungen für Digitalisierung erkennen,
z.B. durch Abholen von Menschen ohne digitale Kenntnisse mittels gesellschaftlicher Angebote oder betrieblicher Fortbildungen - Kleine und mittelständische Unternehmen unterstützen,
z.B. durch Steigerung der Bekanntheit (regionaler) Netzwerke und finanzieller (staatliche) Unterstützung und Gestaltung niedrigschwelliger Zugänge - Staatliche Dienste grundlegend digitalisieren,
z.B. durch Definition digitaler Identitäten, Standards und Schnittstellen auf Bundesebene
4. Handlungsoptionen im Handlungsfeld „(Weiter-)Bildung“
- Grundkompetenzen ausbauen,
z.B. durch Nutzen von Stärken und Potenzialen von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern im Lehramt - Berufswahlkompetenz vermitteln,
z.B. durch Schaffung von Transparenz und leichter Zugänglichkeit zu zentralen Arbeitsmarktsignalen wie Lohn- und Beschäftigungsentwicklungen - Lebenslanges Lernen ermöglichen und fördern,
z.B. durch Förderung niedrigschwelliger (Weiter-)Bildungsangebote für Geringqualifizierte - Bildungswege durch modulare Gestaltung verzahnen,
z.B. durch Öffnung von (Weiter-)Bildungsmodulen zur Nachqualifizierung von Zugewanderten mit teilanerkanntem Abschluss - Weiterbildungsangebote auf zentraler Plattform bündeln,
z.B. durch flächendeckende Bündelung von Weiterbildungsoptionen und staatlichen Förderungen
Achleitner, A-K., Kussel, G, Pavleka, S., Schmidt, C. M., (2023). Innovationssystem Deutschland: Die Fachkräftesicherung in Deutschland unterstützen, acatech STUDIE, München